Barockkonzert in der Galerie Herrenhausen

Konzerte
21. Januar 2024

Zu einem ganz besonderen Konzert lud das Collegium Musicum alle Interessierten am 21.1. nach Herrenhausen ein. Als Teil der über Hannover hinaus bekannten Konzertreihe Herrenhausen Barock gastiert das sinfonische Projektorchester der Goetheschule mit affektreicher Barockmusik zum Thema Vanitas & Carpe diem erstmals in dem beeindruckenden Festsaal des Schlosses. Begleitet wurde das Programm von poetischen und szenischen Ausflügen rund um aktuelle Fragen zu Lebensgenuss und Vergänglichkeit: Schüler*innen der Klassen 9, 11 und 12 ließen Motive des Barock mit eigenen Texten und Gedanken lebendig werden.


Am Anfang ganz viel Mut

„Ich wusste vorher gar nicht, dass es solche Räume in Hannover überhaupt gibt“, fasst Yavuz Yilmaz seinen ersten Eindruck angesichts des Spielortes zusammen. Der Raum macht den, der ihn ausfüllen soll, demütig. Schulorchester und –theater sind hier sicher keine alltäglichen Gäste. Einen Auftritt in dieser Atmosphäre unter den verspielten Bandornamenten muss man sich erst einmal zutrauen.

Ganz am Anfang war es Benedikt Poensgen, der Leiter der Konzertreihe „Herrenhausen Barock“, der den Mut und die Idee hatte, die Goetheschule in das Programm einzubinden. Martin Hurek ließ sich nicht zweimal bitten — und sagte zu, mit dem Collegium Musicum der Goetheschule ein Programm mit Barockmusik einzuspielen und fand in seiner Kollegin Caroline Ahlborn eine Mitstreiterin. Unterstützt wurden beide von Juliane Busse, die das Quartett der Holzbläser anleitete, und Kirsten Kuschewitz, die mit der „Gruppe Kunst“ Bühnenelemente gestaltete. Damit stand fest: Die Goetheschule würde in der ursprünglich als Orangerie geplanten Galerie Herrenhausen mit ihrer hervorragenden Akustik und den opulenten Wandfresken mit einer Inszenierung aus Konzert und Darstellendem Spiel gastieren.


Den Rahmen sprengen

Zur Wucht der Spielstätte gesellt sich der thematische Anspruch. Die Inszenierungsidee, das Thema der Barockmotivik musikalisch und textlich aufzubereiten, wird weitergedacht: Schüler*innen der Goetheschule schreiben und spielen eigene lyrische Texte, in denen sich die Schnittstelle zwischen der Fremdheit der Barockkunst und der irritierenden Vertrautheit mit ihrer Thematik spiegelt: Nicht nur, dass das „Carpe diem!“ seine zeitgenössische Entsprechung im Internet-Akronym YOLO („You only live once“) findet: Lebensbedingungen des 17. Jahrhunderts wie Pandemien und Kriege, auf die sich Barocklyriker beziehen, haben in den Augen der Jugendlichen auch etwas mit den Krisen unserer Tage zu tun. Indem sie sich auf die Fremdheit des Vergangenen, die gar nicht so fremd ist, einlassen, eröffnen Schüler*innen dem Publikum einen Einblick in ihre Seelen. Gerade die Orientierung an der Strenge der Form ist es, die dieses Tor aufstößt. Wenn Yavuz und Samyar ihren Text mit „Gestern haben wir getrauert“ beginnen, dann wissen wir, dass das keine Floskel und keine bloße Spielerei mit Worten ist.


Wechselspiele und stimmliche Vielfalt

Im Programmheft beschreibt Martin Hurek das Konzertprogramm als „Kompositionen im affektreichen Spannungsfeld zwischen musikalischer Wehklage und festlicher Freude“. In diesem Sinne ertönt nach Benedikt Poensgens Begrüßung das Prélude aus Charpentiers fanfarenhaftem „Te Deum“ als euphorisch jubilierender Auftakt, und mit viel Charme und Leichtfüßigkeit moderieren Felix Siever und Lola Kretschmer das so stimmige Paradoxon von „Carpe Diem“ und „Memento Mori“-Motiven an.
Es wird an diesem Abend gelingen, ein zweistündiges Programm mit barocker Kunst kurzweilig zu gestalten. Dazu trägt vor allem die abwechslungsreiche Inszenierung mit kontrastierenden Stimmungen und das Spiel mit dem Raum bei: Die ersten Sätze der Balletti Lamentabili à Quattro spielt das Holzbläser-Quartett (Finja Hähndel, Ella Ziegltrum, Matthäus Bahr und Jana Durna) vom Balkon über dem Orchester; die Spielenden verteilen sich auch einmal im Saal und sprechen aus dem Hintergrund. Eine Randnotiz: Die technische Herausforderung, ihren sprachlich hochkomplexen „Gedankenspaziergang“ vor dem zeitlich versetzten Echo der eigenen Stimme artikulatorisch darzubieten, meistert Dorothea Erdmann dabei mit traumwandlerischer Sicherheit.



Im Trompetenkonzert von Telemann spielt der für den Goethe-Alumnus Justin Haarstick eingesprungene Solist Paul Pfeiffer den klanglichen Kontrast seines Instruments gegenüber den Streichinstrumenten des Collegium Musicum (Konzertmeister: Timo Schlemm) heraus. Auch hier beeindruckt die gute Akustik der Herrenhäuser Galerie, die die Transparenz des Wechselspiels zwischen Solist und Orchester unterstützt. Wunderschön interpretiert der Tenor und ehemalige Goetheschüler Clemens Liese anschließend die Dowland-Lieder „Disdain me still“ und „In darkness let me dwell“.
Die umfangreiche musikalische Darbietung alleine wäre schon abendfüllend — interessant ist, dass die Begleitung mit den „Texturen“ und „Texturchen“ (Programmheft) der Arbeitsgemeinschaft Kult und Bühne das Programm gefühlt eher verkürzt. So entlässt das Collegium Musicum unter der Leitung von Martin Hurek das Publikum mit dem ersten Teil aus der Hamburger Trauermusik mit Lust auf Mehr in die Pause.


Akzente

Die Übersetzung des Mottos „Carpe Diem“ in ein Dutzend verschiedene (Mutter-)Sprachen ist eine dieser Inszenierungsideen, dank derer es gelingt, Barockkunst und Schulalltag eindrucksvoll miteinander zu verknüpfen. Die eigenen Texte der Schüler*innen werden so der Musik zur Seite gestellt, etwa Luise Tillacks „Meine Gedanken zerfließen zu einem Text“ nach dem zweiten Teil aus der Hamburger Trauermusik oder auch die Rezitationen der Liedtexte im englischen oder italienischen Original und in deutscher Übertragung. Die Arie „Ombra mai fù“ aus Händels Oper „Xerxes“, ebenfalls großartig gesungen von Clemens Liese, setzt einen weiteren musikalischen Höhepunkt. Das Orchester sprüht bis zuletzt vor Spielfreude: Der zweite, orchestrale Teil der „Balletti Lamentabili à quattro“ von Biber wird pantomimisch untermalt von Schülerinnen, die von anderen als Marionetten an unsichtbaren Fäden geführt werden, bevor Händels „Feuerwerksmusik“ mit unbändiger Lebensfreude einen krönenden Schlussakzent aus höfischer Festmusik und triumphierenden Blechbläsern setzt. Stürmischer und immer neu aufbrandender Applaus für alle Beteiligten.


Fotos: Ralf Schoppe / Text: Michael Schneemann


Herr
Michael Schneemann (Sn)
Schulleiter
Fächer:
Französisch, Deutsch

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