Begabten-Workshop in Bremerhaven vom 09. bis 11. März
Ein Dampfschiff liegt im Halbdunkel einer Kaje im Bremerhaven der vorigen Jahrhundertwende. Vor der Gangway wartende Menschen, Familien mit Kindern, Schauerleute. Der Schiffsrumpf hebt und senkt sich mit der Dünung – Maschinengeräusche, Wasser tröpfelt von oben, das milchig-trübe Glas der Bullaugen schummrig beleuchtet.
Die 26 Goetheschüler mischen sich unter die Wartenden. Es sind Auswanderer, die sich entschlossen haben ihrer Heimat Deutschland meist aus wirtschaftlichen, aber auch aus politischen Gründen den Rücken zu kehren. Eine E-Card des „Auswandererhauses“ auf ein Gepäckstück gelegt erlaubt, den Gesprächen der Auswanderer zuzuhören. Auf Deutsch, Polnisch, Russisch, Jiddisch nimmt man teil an den Hoffnungen, Unsicherheiten und auch an der Trauer der Amerika-Fahrer.
Szenenwechsel tags darauf Im „Klimahaus“: Eine nicht immer nur virtuelle Reise auf den Meridianen 08°Ost/172°W, der Gradnetzlänge Bremerhavens. Da werden die Temperaturunterschiede zwischen Tropischem Regenwald, der antarktischen Polarnacht und der mittäglichen Strandszene auf Samoa erleb- und nachfühlbar. Ein Tunnel führt in die Unterwasserwelt der Südsee und von da über einen Abstecher in den Himmelsglobus zurück ins nordfriesische Wattenmeer auf die Hallig Langeneß.
Reisen, so erfahren die Schülerinnen und Schüler aus der Begabtenförderung, unternehmen nicht nur Entdecker, Abenteurer, Wissenschaftler oder Touristen. Die mit Reisen verbundenen Strapazen werden nicht immer freiwillig erduldet, sie sind immer häufiger Begleiter von Fluchtwanderungen, Kriegen, Hunger ethnischer Vertreibung und Elend: „Boat-People“, so haben die Lehrkräfte der Begabtenförderung in diesem Jahr den Workshop in Bremerhaven genannt, um auf die Zusammenhänge zwischen Migrationen und dem Klimawandel aufmerksam zu machen. In einem bestens ausgestatteten Konferenzraum des Klimahauses konnten die Teilnehmer auf ihren Laptops ihre Präsentationen zum Thema vorbereiten, die sie beim zweiten Begabtentag dieses Schuljahres der Öffentlichkeit vorstellen wollen.
Eine ganz spezielle Art von „Boat-People“ begegnete der BB-Gruppe in und unter Deck eines Seenotrettungskreuzers. Die aktuelle 14-Tageschicht von 5 Besatzungsmitgliedern gewährte den Goetheschülern einen Einblick in ihren Arbeitsalltag, der mit der Rettung von vorerst meist noch touristischen Schiffbrüchigen in erster Linie zu tun hat. Dass die Begabten sich verpflichten mussten, bei einem eintreffenden Einsatzbefehl innerhalb von 1 Minute das Schiff verlassen zu haben, wurde nicht von allen bedauert. Das Schwanken in der Dünung und die Enge v.a. unter Deck ließ denn auch bald die Frage nach der Seekrankheit aufkommen , und – natürlich – „Einmal erwischt es jeden!“, klärte der Kommandant auf.
Bleibt nachzutragen, dass die Teilnehmer dieses Workshops alle Besucherpunkte „total gut“ fanden. Der Museumsführer des Schifffahrtsmuseums gab ein Kompliment zurück: Eine solch interessierte und disziplinierte Schülergruppe solle doch bitte wiederkommen. Er merke sich die Gesichter genau – schön für die Goetheschule.
Heide Bleck, Stefan Schulz, Florian Schön, Walter Schedlinsky